See the big temptation flying by
Juni 6, 2008Mit Hans durch den Wald, mit Goethe durchs Jahr, hauptsache Leidenschaft.
Da, wo die Bäume besonders dicht stehen, hört man Hubschrauber und sieht sie nicht.
Andere wandern ruhelos durch Großstädte, lieben Unterwasseraufnahmen und ihre Haustiere.
Die einen schaufeln sich den Weg frei, während noch niemand auf den Gedanken kam,
Ubahnstationen mit der Perforation von Taschentüchern zu vergleichen.
Ich möchte alle Sätze mit a beginnen, aber mir fehlt der Mut.
Lieber setze ich mich auf einen Berg frischer Bücher und denke an:
Gedichtformen, die ich nur aus der Ferne vom Sehen kenne;
Heinrich, wie er sich von hinten an unbekannte Frauen heranschleicht;
Hochhausfahrstühle ohne Bepflanzung;
Zerfurchte Thüringer Landschaften;
und 80er Jahre-Pullover und Anoraks
und Plastiksandalen.
Und kann der Versuchung doch nicht widerstehen.
Auch wenn ich vielleicht nicht laut genug nach ihr gerufen habe.
„weil das dein Hut nicht ist“
April 18, 2008damit hab ich nichts am Hut
mein name ist Hase, ich weiss von nichts
was, um alles in der Welt, hast du dir dabei gedacht?
davon kannst du dir eine Scheibe abschneiden
Phrasen
April 18, 2008„da kann man nichts machen“
eigentlich gar nicht so schlimm, etwas bleibt konstant. Kafka schreibt: gestern kam eine ohnmacht zu mir. sie wohnt im nachbarhaus, ich habe sie schon öfters abends im niedrigen tor gebückt verschwinden sehen. – sie wohnt also nebenan, sie ist nicht der feind, den ich fürchten muss. steckt darin nicht eigentlich die vergänglichkeit – entstehen und vergehen?
da kann man nichts machen
da kann man nichts machen
da kann man nichts machen
da = ein augenblick, jetzt. aber ein jetzt, in dem das ganze handeln verneint wird. nur ist es das handeln eines anderen, nicht meins. „man“, nicht ich. ist das ein aufruf, das gegenteil zu erwarten? ich muss warten, denn auch ich kann jetzt nicht handeln. erst wenn der augenblick des „da“ endlich vorbei ist.
aber wenn ich auch nichts tun kann, ist es doch eine lösung. dieser andere, der nichts machen kann, der bin ich doch auch. wenn ich es sein möchte.
Neue Zeiteinheiten
Januar 26, 2008Nachts sehe ich hier am meisten. Dafür fehlen tagsüber die reizvollen Erlebnisse, wie sie ein Großstadtleben bietet. Deshalb drängt sich immer mehr der Wunsch nach außergewöhnlichen Erfahrungen auf. Auch die Zeiten haben sich aufgelöst. Ich kann nichts sagen, über das was ich gestern gedacht habe, weil es sehr merkwürdig klingt. Aber ich versuche es im zukunftsorientierten Präsens (mit Zeitangabe: gestern), wenn es so etwas gibt:
Ich werd jetzt Science-Fiction-Gedichte schreiben um telepathisch mit Männern zu flirten. Dabei bin ich weniger überzeugt davon, herauszufinden, was Science-Fiction-Gedichte überhaupt sind, als von der Möglichkeit der Telepathie. Und vor allem wäre es doch einfach viel cooler.
Unter Science-Fiction-Gedichten stelle ich mir sowas vor wie die drei unten zitierten Zeilen von Huchel (die er übrigens nie veröffentlicht hat, sondern glaube ich nur auf einen Bierdeckel notiert hatte). Ich finde sie voll Science-Fiction, weil Science-Fiction meiner Meinung nach ein völlig freier Möglichkeitsbegriff ist. Alle anderen scheinbar klärenderen Begriffe sind nur verzerrt durch die bisher realisierten Varianten, in denen erstaunlich viel kopiert wurde – überall ist Science-Fiction materialisiert in riesigen kriegerischen Raumschiffen.
Bei Huchel dagegen gibts nur das „ferne All“, das vom archaischen „Hirt(en)“ auch schon durch die verschiedenen Zeiteinheiten getrennt ist, die in den jeweiligen Sphären Erde (Hirt) und All wirken. Die gesamte Lichtgeschwindigkeitsdebatte ist im einfachen und hier sehr landschaftlich rüberkommenden Verb „weht“ kondensiert. Das ist eine poetisch konzentrierte und gleichzeitig sehr ehrliche Art Science-Fiction-Gedichte zu schreiben. Huchel bleibt in seinem mecklenburger oder brandenburger Garten und denkt sich zurück (wieder der Hirt) und vor in die zukunftsverkörpernde superschnell wehende Zeitbewegung des Alls. Der Dichter Huchel selbst bleibt stehen. Beziehungsweise, er blieb stehen, denn dieser Moment ist lange vergangen.
v e r s t r e u t
Januar 26, 2008Tageweise tragen
Lichtpunkte
Einen Moment zusammen, in dem
Meine Erinnerung
Auftaucht.
Gestern
Stand ich vor hundert roten Blättern
Und sah ein wenig Müdigkeit
Und Rasen.
Angelehnt
Januar 26, 2008Es steht der Hirt am Haus
Die Ferne des Alls
Weht hart an sein Aug.
(Peter Huchel)
Leben als Literatur
Januar 23, 2008Die These der Stunde ist nämlich, wie ein Chat mit meiner Co-Autorin gerade in diesem Augenblick konkretisiert, folgende: Unser Leben, das scheinbar banale und alltägliche, wird, wenn wir jegliche Form von Kunst ernst nehmen, selbst zum Kunstprodukt. Wahrnehmung und Kreativität arbeiten zusammen. Die Sensibilität für narrative Strukturen, für Motive, Rahmen, Wiederholungen ist durch lebenslangen Fiktionskonsum so geschärft, dass sie selbständig und produktiv wird.
Man macht das Leben zu dem, was es sein soll. Interpretationsarbeit an der Realität. Es geht um die Bereitschaft die Dinge literarisch zu betrachten, sie aufzuladen und überzubewerten, in einen Zusammenhang zu stellen.
Ob ein Leben langweilig ist oder Romanpotenzial hat, ist immer eine Frage der Interpretation, haben wir die Fähigkeit zur Imagination, können wir es so aufregend und tragisch machen, wie wir wollen. Der Blick auf das Leben, um den es hier geht, ist ein durch und durch konstruktiver, ästhetischer.
Sind Fiktionen unsere neuen Utopien?
Januar 23, 2008Seltsam im Kreis dreht sich der Titel dieses Artikels auf diesem kleinen unbekannten Weblog (wie Blog ja eigentlich heißt) – und ganz im Sinne der diesjährigen documenta kommt er mit dem gewollt intelligenten Ähnlichkeitsmuster daher. Aber ich meine es ernst. Vor wenigen Tagen in Stockholm, als ich endlich selbst dem bis dahin durch Internet (virtuell vor meinen Augen statt physisch vor mir gelegen) und Trope (sprachlich: meine Co-Autorin setzt sich selbst mit einem schwedischen Strand synonym) von mir entfernten Maelarstrand nahe gekommen war (anscheinend eine unendliche Annäherung, denn beständiger Regen und Winterdunkelheit ließen mich nichts erkennen) – so wie der Leser nun der Erkenntnis aus dieser medial-geographischen Anekdote – sahen meine Mitautorin und ich in den Schlenkern und Banden eines unendlich ausführlichen Gespräches über die Entwicklung der Welt und des Denkens eine klar aufsteigende Bewegung hin zur omnipräsenten Fiktionalisierungsdialektik der Gegenwart.
Unendliche Verwendung und Neuerfindung von Medien – den Fernsehkonsum weit übersteigend – von der Entwicklung der Schrift durch Ritzen in die Haut und der Herausbildung des Bewusstseins bis zu heutigen Web 2.0.-Zweit- und Drittidentitäten – hat dazu geführt, dass nun einer Realität keine Utopie als Ziel mehr gegenübergestellt wird, die nur imaginär bleibt, sondern unser gesamter Alltag zunehmend mit Fiktion durchsetzt ist. Sogar in der Physik wird nach der vierten Dimension gesucht. Sie behauptet die Existenz – uns nur nicht sichtbarer – anderer Wesen, die direkt zwischen unseren drei bisherigen Dimensionen in noch unhörbaren Frequenzen schwingen.
Der Medienkonsum war dabei in unserem Gespräch dafür verantwortlich, dass eine Wechselwirkung in Gang gesetzt wurde, die begonnen hatte mit dem Vermögen des Menschen zu imaginieren, also seine Vorstellung zu benutzen und so Fiktionen herzustellen. Diese Fiktionen stellten ihrerseits aber Vorstellungen für das praktische reale Leben her: das Verhalten in der Liebe, die Vorstellung davon, was das überhaupt ist, was eine Traumfrau, einen Traummann ausmacht- alles geprägt von der Fiktion in Kulturprodukten wie dem Roman oder dem Blockbuster. Heute funktioniert die Fiktion nicht mehr nur als Beeinflussung, sondern kann neu genutzt werden. Sie dient nicht mehr nur noch als Bild, das übernommen wird, sondern wird als strukturales Prinzip produktiv. Jeder kann schöpfen. Die Wirklichkeit ist ein subjektives Modell, das man aus Erfahrungen und eigens entwickelten Fiktionen (der Erinnerung plus Eindrücken aus Büchern, Filmen oder auch aus Internetidentitäten) amalgamiert.
Utopie als ein unerreichbarer Ort des Glücks ist nicht mehr zeitgemäß, heut bastelt man sich die Fiktionen in die eigene Umwelt hinein. Die Möglichkeit zur Fiktionalisierung ermöglicht auch eigene Gestaltungsmöglichkeiten dessen, was einmal die Realität genannt und als Um- und Begrenzung des Individuums empfunden wurde. Die Grenzen sind nun nicht aufgehoben, aber können in dialektischen Bewegungen des produktiven Fiktionalisierens und des Damit-Leben-Müssens (mit den Folgen des Fiktionalisierens im Alltag) durchaus als erweitert angesehen werden.
Look at me/ look at you – when women were women
Januar 6, 2008me: gestern hatte ich ein lustiges erlebnis. ich war in so einem secondhand-kaufhaus und sah einen mann der von hinten genau wie heinrich aussah. und er ging beherzten schrittes auf eine dieser wenig verdienenden verkäuferinnen mitte 50 zu und grabschte sie an den hintern. und ich dachte…wow wenn das jetzt heinrich ist/wäre – gleich wird es sich ja zeigen, wenn er sihc umdreht- dann wär das jetzt für uns beide eine wendepunkt -situation die alle grenzen für einen moment auflösen könnte-.. ich war entsetzt und fand es ganz marina morena mässig zugleich und dann war er es natrlich nciht